Das Ende der Skitourensaison nähert sich in großen Schritten und so wollen wir nochmals hoch hinaus. Wie so oft in den letzten Monaten lassen die Wetterprognosen im Alpenraum viel Interpretationsspielraum offen. Wir entscheiden uns für eine schlappe 400-km-Anreise ab Götzis und düsen Samstagfrüh via Zürich, Bern und Simplon nach Fionnay. Was es dort gibt?! Das Grand Combin Massiv – das schon länger auf meiner ToDo-Liste steht.

Schlauerweise ist das letzte offene Hüttenwochenende des Stützpunkts „Cabane FXB Panossiere“ genau zu Pfingsten. Um 18:00 – also etwas spät – starten wir vom kleinen Parkplatz beim Stausee mit Turnschuhen und den Skiern an den Rucksäcken. Die ersten Meter haben’s gleich in sich, denn der Pfad schlängelt sich über gut 500 hm steil bergauf. Danach wird das Gelände flacher und wir tauschen die leichten Batschen gegen die schwere Tourenausrüstung. Problemlos gelangen wir über eine langgezogene Moräne bis zur Hütte – die wir nach knapp 3 Std. Gehzeit (flotter Schritt) erreichen.

Die Grand-Combin-Aspiranten „freuen“ sich Sonntagmorgen über ein zeitiges Frühstück um 02:00 und reihen sich dann nahtlos in eine lange Stirnlampenkarawane. Wir starten als eine der letzten Seilschaften und arbeiten uns Stück für Stück Richtung Spitze vor. Unterhalb des eigentlichen Bergmassivs wartet ein ca. 40°-Steilstück, das zu guter Letzt von einem ca. 30m hohen Serac gekrönt wird. Nach dieser Schlüsselstelle wird das Terrain wieder flach und wir sehen den Gipfelanstieg direkt vor uns. Es gäbe hier noch die Möglichkeit, auf den Combin de Valsorey aufzusteigen – jedoch spüren wir die zu kurze Nacht (<4 Std.), die Höhe und die fehlende Akklimatisation.

Das Panorama am höchsten Punkt – dem Combin de Grafeneire (4.314m) könnte besser nicht sein: Wolkenloser Himmel, perfekte Fernsicht, unmittelbar vor uns der Mont Blanc, ebenfalls recht nahe das Matterhorn – Herz, was willst du mehr!? Eine gelungene Abfahrt natürlich ;-) An der Aiguille du Croissant fahren wir zügig durch einen heiklen Steilhang (Spalten) vorbei und gelangen zu einer markanten Stelle – Mur de la Côte – wo eine psychisch anspruchsvolle 50m Hangquerung vor uns liegt. Danach geht’s in den berüchtigten „Le Corridor“. Wir suchen uns den Weg zwischen wenigen, aber umso größeren Spalten sowie Brüchen und ziehen zügig die ersten Spuren der letzten Tage in diesem Hang;-). Atemberaubend!

Bevor es durch die Nebeldecke retour zur Hütte geht machen wir’s uns auf einem warmen Felsen gemütlich und lassen das Erlebte Revue passieren. Von hier unten können wir immer noch Seilschaften 1.000m weiter oben beobachten, die Richtung Korridor unterwegs sind. Zeit ist hier sicherlich Trumpf…

Montag: Die meisten Skitouristen sind bereits abgereist, aber ein paar Wagemutige haben sich gehalten. Wir verschlafen den 05:00-Uhr-Wecker und kommen so eine halbe Stunde später in den fast leeren Frühstücksraum. Kurz nach sechs schnallen wir die Ski an und folgen der Route vom Vortag bis ca. 3.100m Seehöhe. Dort zweigen wir rechts ab und spuren zum „p.3563“. Endlich machen auch die Wolken ein wenig auf und zeigen uns den Weiterweg zum Petit Combin – unserem Tagesziel. Unschwierig gelangen wir zum unspektakulären Gipfel, der nur durch eine orangene Markierungsstange (inkl. Windzeiger) also solcher zu erkennen ist. Abgefahren wird nahe der Aufstiegsspur in wider Erwarten gutem Firn. Bei der Hütte beladen wir die Rucksäcke und fahren in deutlich direkterer Linie ab.

Fazit: Der Grand Combin könnte das perfekte Ende einer langen Skitourensaison markieren – wäre da nicht noch übernächste Woche, wo es noch einmal hoch hinauf gehen wird. Im Vorfeld hatte ich einen ordentlichen Bammel vor dieser Tour und insbesondere vor der tückischen Abfahrt. Bei guten Bedingungen (wie wir sie vorfanden!) ist das eine Traumtour, die gutes alpinistisches Können, Orientierungssinn, (bei fehlender Spur) etwas Mut und eine solide Kondition/Akklimatisierung erfordert. Bei schlechten Sichtverhältnissen ist diese Tour definitiv ein No-Go. Der kleine Bruder „Petit Combin“ ist ebenfalls lohnend und kann idealerweise zur Akklimatisierung gemacht werden. Mutige können auch direkt Richtung Hütte abfahren – das sieht sehr (!) spektakulär aus!

GPS Track Tag1:

GPS Track Tag2:

GPS Track Tag3: