Schon länger wollte ich dem Disentis einen Besuch abstatten – letztes Wochenende sollte es soweit sein. Gemeinsam mit Florian fuhren wir ins verschlafene Curaglia, wo uns der erste Stopp zum Gemeindeamt führte (das auch Freitagnachmittag geöffnet ist). Dort lösen wir eine Park-/Fahrberechtigung für die Forststraße, die uns etwas abenteuerlich zur letzten Brücke mit Parkmöglichkeiten am Talschluss bringt. Mit Ski auf den Rücken folgen wir dem aperen Wanderweg ca. 10 min bis wir die Ski anschnallen können.
Aufgrund der frühlingshaften Bedingungen müssen wir die Ski 3x abschnallen und kurz tragen – könnte jedoch schlimmer sein. Der Wanderweg führt uns nach etwas über einer halben Stunde auf eine Hochebene, nach der der Winterweg in einem weiten Linksbogen am Talboden zunehmend ansteigt. Vom Bogen aus ist bereits das Medelserhaus in einer Scharte weiter über/vor uns auszumachen. Nach insgesamt knapp 3.5 Std. erreichen wir diese und betreten den – im Haus integrierten – Winterraum. Dieser ist klein, aber fein und gut ausgestattet. Doppelscheibenverglasung, Ofen, 10 Schlafplätze, tolles Panorama, Indoor-Toilette -, tiptop in Schuss und sauber: (Bergsteiger-)Herz, was willst du mehr!?
Samstagmorgen: Nach schlafreicher, weil warmer Nacht starten wir nach dem Frühstück Richtung Osten mit einer Abfahrt durch passablen Schnee. Nach 300 Abfahrts-hm fellen wir auf und steigen zum Glatscher (ja, wirklich mit „a“) da Lavax, wo wir uns immer möglichst links bis in ein Joch halten. Über eine sanfte Stufe erreichen wir die Mulde unterhalb des Piz Valdraus. Unterhalb des Gipfels steilt der Hang kurzzeitig auf ca. 40 Grad bevor wir erneut das scharfe Joch unterhalb des Gipfelaufbaus erreichen. Dank guter Bedingungen erreichen wir kurze Zeit später mit Ski den vernebelten Gipfel, der uns heute leider keine Aussicht bietet.
Nach der wohl-verdienten Gipfelrast fahren wir zuerst entlang der Aufstiegsspur nach Süden ab, bevor wir nach Osten abzweigen Auf 2.750m finden wir einen guten Durchschlupf auf den Gletscher unterhalb des Piz Vial – unserem nächsten Etappenziel. Am Beginn des (lt. Karte eingezeichneten) Gletscher packen wir das überschüssige Gepäck in einen Biwaksack und nähern uns mit halber Last dem Gipfel. Der Weg steilt zunehmend auf, wobei wir die letzten Meter zum Skidepot die Ski an den Rucksack schnallen. Ab dem Depot stapfen wir mit Pickel und Steigeisen weiter – die Verhältnisse sind gut, die Route technisch etwas anspruchsvoller. Happy stehen wir kurze Zeit später am höchsten Punkt des heutigen Tages (mit Kreuz) und genießen erneut die Nebelsuppe :-(
Der Abstieg und die anschließende Abfahrt zum Biwak-Depot gestalten sich unschwierig. Stetig rechts haltend fahren wir hinunter zum Bach „Brenno della Greina“, dem wir in lockerem Firn zur markanten Capanna Scaletta (Hütte) folgen. Der dortig Winterraum ist wohl einer der urigsten, den ich bis dato beehren durfte. In einem separaten Steinhäuschen befindet sich ein großzügiger geholzter Wohn-/Schlafraum mit nostalgischem Ofen (der bombig brennt), der ebenfalls gut ausgestattet ist. Leider wird sich in der Nacht herausstellen, dass die Dämmleistung nicht astrein ist, aber man kann halt nicht alles haben ;-)
Sonntag begrüßen uns endlich einmal kräftige Sonnenstrahlen – also nichts wie in die frische Luft und hoch zum Piz Medel. Lt. Routenstudium entscheiden wir uns für den „Normalweg“, der jedoch alles andere als normal ist. Nachdem wir über die Fuorcla Sura da Lavax steigen und auf der anderen Seite queren heißt es Steigeisen anlegen und eine kurze Firnwand zum nächsten Joch hochsteigen. Wir steigen in den vor uns liegenden, steilen Grat ein und werden nach ca. 50 hm aufgrund der Schwierigkeiten (Steilheit, Schneeauflage) zur Umkehr gezwungen. Wir tauschen die Eisen gegen Ski und fahren ein Stück entlang der Felswand ab, bis wir eine ca. 150m lange Rinne mit mäßiger Steilheit entdecken. Nachdem wir den Piz Medel noch nicht abgehakt haben wagen wir den Einstieg und packen ab der Hälfte die Ski auf den Rücken. Die Rinne wird zunehmend steiler (bis ca. 40 Grad) und ist gut ohne Steigeisen machbar. Happy erreichen wir etwas später den Ausstieg und sehen die weite Ostabfahrt direkt vor uns.
Angeseilt spuren wir hoch zum P. 2997 wo sich das Plateau Glatscher da Medel öffnet. Wir queren den flachen Gletscher bis sich vor uns im Nebel der Piz Medel erahnen lässt. Die letzten 30 hm sind ziemlich ausgesetzt – insbesondere eine ca. 3m lange, sehr schmale Gratpassage. Wir meistern diese und stehen kurz später am 3.210m hohen Gipfel – yessssss! Für die Abfahrt entscheiden wählen wir die klassische Nordabfahrt durch spaltenfreies Gelände, wobei wir uns immer links halten. Leider hat die GPS-Aufzeichnung am Glatscher da Plattas ausgsetzt und ist somit unvollständig. Die Routenfindung könnte leichter nicht sein und verläuft angenehm geneigt ohne großartige Kunststücke. Ab dem tiefer gelegenen Plateau Alp Sura, das wir bereits vom Aufstieg am Freitag kennen, heißt es abwechselnd Ski tragen und passagenweise abfahren. Am frühen Nachmittag erreichen wir bei Sonnenschein das Auto und machen uns an die Heimreise.
Fazit: Schon wieder durfte ich eine total lässige Gegend kennen lernen. Die gewählte Runde ist für dieses Gebiet optimal geeignet und von den technischen Schwierigkeiten her überschaubar. Davon abgesehen sind die anspruchsvollen Stellen nicht zwingend zu begehen. Die Gletscher sind gutmütig und Schnee oberhalb von 2.000m noch reichlich vorhanden. Die Winterräume waren unterschiedlich, aber beide top und ich werde der Region nächstes Jahr sicherlich wieder einen Besuch abstatten – dann aber hoffentlich mit mehr Sicht!
GPS Track Tag1:
GPS Track Tag2:
GPS Track Tag3:
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