Eisklettern oder Skitouring dieses Wochenende – keine leichte Frage, denn der Wetterbericht ist vernichtend. Kurzentschlossen entscheiden wir uns für die Ski und wählen die Lindauer Hütte (an den Wochenenden bewirtschaftet) als Stützpunkt. Am späten Freitagnachmittag reisen wir an und steigen in knapp 1.5 Std. zur Hütte auf. Der Weg auf der linken Bachseite eignet sich besser, denn auf der rechten Seite flitzen die Ratracs rauf und runter und bringen Gäste und Equipment zum Gauertalhaus und anderen Unterkünften. Auf der Hütte dann die große Überraschung: Sabine und ich sind die EINZIGEN Übernachtungs-Gäste heute Abend! Wer hätte das gedacht!? Als wir uns Spinatknödel und Radler schmecken lassen betritt noch ein Vorarlberger Dreiergespann die Stube. Es wird ein lustiger Abend, der kurz nach 01:00 sein Ende findet und wir beziehen zu zweit ein 8er VIP Lager :-)
Samstag
Samstagmorgen wartet die nächste Überraschung: Die Sonne scheint ins Fenster, es ist windstill und offenbar ist über Nacht kaum Schnee gefallen. Das Früchtemüsli schmeckt ausgezeichnet und so ziehen wir gestärkt mit halbleeren Rucksäcken los. Unser erster Tagesziel ist die Sulzfluh – natürlich nicht gespurt und im unteren Teil ist die Wegfindung nicht ganz leicht. Auf halbem Weg regt sich die Idee, den Gauablickhöhlen-Klettersteig zu versuchen. Wir finden den Einstieg, schnallen die Ski auf die Rucksäcke und klettern ca. 50 m. Dann ist Schluss, denn die Bedingungen gefallen mir überhaupt nicht. Teilweise dünne Eisauflage und einiges an Schnee, der lose auf den geneigten Felsplatten liegt. Nichts wie runter und rüber in den „Rachen“, die Schlüsselstelle der Sulzfluh. Die Bedingungen sind ausgezeichnet und so kommen wir dem Gipfel rasch näher. Ab ca. 250 hm unterhalb des Kreuzes frischt der Wind dann auf und begleitet uns bis zum Top, wo dann ein wirklich unangenehmer Sturm bläst (siehe Foto mit Stock…).
Etwas steiler fahren wir auf die Schweizer Seite in den Gemschtobel ab und ziehen unsere Schwünge durch den ersten Pulver des Wochenendes. Die Crux wartet am Ende der Abfahrt in Form einer steilen, felsdurchsetzten 50 m hohen Steilpassage. Wir schnallen ab und stapfen mit mulmigen Gefühl über den „Sommerweg“ ab. Glücklicherweise ist der Schnee hier auch wesentlich besser als es von oben aussieht und so gelangen wir sicher in den Kessel unterhalb. Interessante Bemerkung am Rande: Hätten wir uns weiter rechts gehalten gäbe es eine kleine, enge 15 m Rinne, durch die man wohl ebenfalls absteigen kann und nicht so ausgesetzt ist wie am Sommerweg.
Wir schnallen wieder an uns spuren Richtung Carschinahütte, die wir etwas oberhalb passieren und gehen direkt Richtung Drusentor weiter. Wir nehmen dann allerdings nicht das eigentliche Tor sondern das zweite, weiter rechts und etwas oberhalb gelegene. Kurz unterhalb des höchsten Punkts finden wir ein lauschiges Jausenplatzerl und bestaunen die uns umgebende Bergwelt, die sehr an die Dolomiten erinnert. Schweren Herzens spuren wir die letzten Meter in den Schatten hoch, fellen ab und machen uns bereit für die vermeintliche Pulverabfahrt, die allerdings keine ist. Über brettharten Schnee fahren wir der Lindauer Hütte entgegen und erreichen diese fast ohne Gegenanstieg. Heute sind deutlich mehr Gäste auf der halb gefüllten Hütte, allerdings übernachten nur die wenigsten.
Sonntag
…wird das Wetter der Prognose gerecht und wir kämpfen uns aus den Betten. Draußen schneit es in dicken Flocken und LLB sowie Wetterbericht verheißen wenig Besserung. Aber mei, hilft alles nix, wir packen unsere Sachen und stapfen über die Alm Richtung Übergang zur Schesaplana. Nach ca. einem Kilometer zweigen wir linkerhand ab und spuren den Hang hoch in ein Kar, das uns zu den Drei Türmen bringen soll. Das Kar steilt immer weiter auf und irgendwann wird klar, dass wir hier wohl nicht ganz richtig sind. Egal, immer weiter hoch bis nix mehr geht stehen wir am Ende ca. 20 m unterhalb des schmalen „Eisjöchls“. Die Abfahrt verläuft wie wir uns während des Aufstiegs bereits gedacht hatten – GRANDIOS!!! 15 cm Pulver auf guter Unterlage begleiten uns talwärts. Als das Kar weiter wird reißt der Himmel auf und wir entschließen uns kurzerhand, über die „richtige“ Route auf die Türme zu gehen. Gesagt getan finden wir auf Anhieb den Abzweiger wo wir hätten abbiegen sollen (ist auch nicht schwer zu finden, wenn man weiß, dass man abbiegen muss;-). Wir fellen wieder auf und machen uns erneut an die Spurarbeit – wir sind die einzige Seilschaft weit und breit…
Problemlos gewinnen wir an Höhe bis wir die Schlüsselstelle unterhalb des Gipfel-„Kessels“ erreichen. Letztes Jahr bin ich dort recht weit links zu Fuß hochgestapft und bin dann nach rechts über die Felsen gequert. Dieses Jahr sieht es auf der rechten Seite besser aus (dort dürfte auch der Sommerweg verlaufen, denn wir sehen teilweise ein Stahlseil aus dem Schnee hervorblitzen). Aufgrund der Bedingungen schnallen wir ab und stapfen ca. 20 m zu Fuß hoch bis es wieder besser wird. Nun warten noch die letzten 150 hm auf uns und wir stehen wenig später auf dem höchsten der drei Türme auf gut 2.800 m Seehöhe. Als wir uns am Gipfel richten wird es leider ziemlich unfreundlich und so packen wir rasch unsere Rucksäcke und machen uns an die Abfahrt. Was soll ich sagen… 900 hm Pulver ohne Ende – ein Traum!!! Nachmittags erreichen wir die gut besuchte Lindauer Hütte, packen unsere zurückgelassenen Sachen zusammen und fahren über die Forststraße zurück zum Ausgangspunkt.
Fazit
Landschaftlich spektakulär, von den Touren her ebenfalls. Die Lindauer Hütte ist ein toller Stützpunkt, auf dem man gerne länger verweilt und wo es an nichts fehlt. Die Sulzfluh-Carschinahütte-Drusentor-Runde ist genial und bietet alles, was das Skitourenherz begehrt. Die beiden Touren Eisjöchle und Drei Türme sind technisch schwieriger weil steiler. Zumal kommt es auf die richtigen Bedingungen an, mit denen wir wahnsinniges Glück hatten – auch wenn LLB und Wetterbericht etwas anderes prognostiziert haben. Damit zeigt sich wieder einmal, dass diese Berichte nur Indikatoren sein können und es innerhalb der Gebiete ganz anders aussehen kann. Wir haben übrigens an beiden Tagen weit und breit (und die Sicht war echt gut!) keine Lawinen gesehen oder gehört.
GPS Track Freitag:
GPS Track Samstag:
GPS Track Sonntag:
schöner Bericht schöner Touren. Mir fehlt da noch Mut und ganz viel Wissen.
Servus Johannes!
Danke für dein Feedback. Das Tourengebiet ist wirklich super – überhaupt wenn wenig los ist und bei den aktuellen Bedingungen. Derzeit heißt es halt aufpassen, defensiv unterwegs sein und genau beobachten. Dann sollte alles klappen :-)
Liebe Grüße,
Mario