Den krönenden vorläufigen Abschluss des Juli bildet das vergangene Wochenende mit der Besteigung (meiner ersten) des Ortlers via Hintergrat. Ich habe diese Tour für den AV Edelweiss geführt und hatte 2 Gäste – Roland & Franz. Beide westalpenerfahren und fit. Freitagnachmittag stiegen wir auf die Hintergrathütte, wo nur 15 weitere Aspiranten am nächsten Tag auf den Hintergrat wollten. Die Hütte ist in privater Hund, bietet sehr gutes Essen (und vino rosso) und liegt malerisch im Ortlereinzug.

Nach dem Wecken um 03:30 gings im Schein der Stirnlampen zum Einstieg des Grats, den wir gut fanden. Wir waren die 2. Seilschaft nach einer Berführer-2er-Seilschaft, jedoch zogen im unteren Firnfeld zahlreiche Bergsteiger an uns vorbei denn wir hatten keinen Stress. Bei der ersten Felspassage und dem Firnfeld gingen wir parallel zu einer deutschen 2er Seilschaft, die etwas aufreibend war und der wir gerne den Vortritt ließen. Wir waren somit die letzte Seilschaft, was den gewaltigen Vorteil hatte, dass wir nirgendwo warten mussten und niemanden hinter uns hatte, der presste. Außer eine südtiroler 4er Seilschaft, die wir ebenfalls zügig bei der unteren 4er Stelle vorbei ließen, denn die Jungs gingen alles seilfrei und es sollte sich später herausstellen, dass sie von Sulden um 05:30 gestartet waren um um 09:30 am Gipfel zu sein – heavy!

Wir hatten’s deutlich gemütlicher und benötigten auch etwas Zeit bei 2 Stellen, wo die Wegfindung nicht klar war. Das Wetter war ok, die Sicht bis 11:00 ebenfalls – aber dann schlecht. Der Hintergrat geht verhältnismässig einfach und ist gut abgesichert. Wir konnten den Grat am Fels ohne Steigeisen gehen – im untersten Eisfeld verwendeten wir welche. Sicherungstechnisch gibt’s teilweise Schlaghaken und an einer heiklen Stelle eine Kette, an der man sich hochziehen kann. Ansonsten eher wenig, jedoch auch nicht notwendig, denn das Seil lässt sich gut um die Felsen legen. Ich war trotzdem happy, dass ich 3 unterschiedliche Friends und auch die Eisschrauben fürs steile Firnfeld dabei hatte.

Der Gipfel war leider bedeckt, weshalb wir kein Panorama genießen konnten – in dem Wissen, dass die großartige Königsspitze gleich nebenan stand – aber egal :-) Der Abstieg war glücklicherweise gespurt, was wirklich angenehm war, denn der Ortler ist schon recht verspaltet. 1x brach Franz als Seilzweiter ein und hatte somit ein erstes Aha-Erlebnis in Form dieses glimpflichen Spaltensturzes. Die klassische Abseilstelle konnte ob des vielen Schnees leicht umgangen werden – jedoch gibts weiter unten eine heikle Querung, in der man sicher unterwegs sein sollte. Danach ein Grat, bei dem wir aufgrund der Wegfindung ebenfalls etwas Zeit liegen ließen. Dann sind die Schwierigkeiten jedoch vorbei und es geht über den (mit Ketten) versicherten Steig zur majestätisch gelegenen Payerhütte. Nach 14 Std. waren wir sehr froh, dort endlich angekommen zu sein und noch dazu bei Sonnenschein mit perfekter Sicht auf den hinter uns liegenden Ortler.

Am 3. Tag gings über die Tabarettahütte zurück nach Sulden zum Parkplatz der Seilbahn. Alles in allem eine tolle Wochenendtour bei super Bedindungen auf einem lässigen Grat, der meiner Meinung nach schwieriger verkauft ist, als er ist. Aussagen wie „einen 4er sollte man mit Steigeisen schon drauf haben“ kann ich nicht nachvollziehen. Vielleicht aber auch weil die Bedingungen einfach super waren? Die einzig wirklich blöde Stelle ist bei der Kette im Aufstieg und ist kein Problem, wenn zB ein 30cm Schnürl weiter runter hängen würde. Ich denke, es gibt weit schlimmere und ausgesetztere Grate als diesen – trotzdem ein absolutes Must-do!